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Intervention

Pflegeinterventionen oder Pflegemaßnahmen betreffen die meisten der Themen, wie sie zur Einschätzung des Handelns innerhalb der Prozessdimensionen während des Assessments zu Beginn des Pflegeprozesses aufgeführt wurden(siehe Assessment).

Pflegeinterventionen beinhalten physische Eingriffe, die vom Arzt angeordnet werden, ebenso  sowie Pflegemaßnahmen, um Ängsten entgegenzuwirken und die systemische Kongruenz von Patient und Familie positiv zu beeinflussen.

WICHTIG: In Fällen, in denen die Zeit knapp ist oder Familien nicht verfügbar sind, kann der unten beschriebene Prozess modifiziert werden. Am wichtigsten ist, dass die Pflegekraft die Situation durchdenkt, dabei Kreativität und Patientenfeedback nutzt, um daraus Interventionen abzuleiten.

Für den systematischen und detaillierten Pflegeplanungs- und Interventionsprozess wird die Situation zum Zeitpunkt der Beurteilung mit der Situation vor der Erkrankung verglichen, um Rückschlüsse auf die angestrebte zukünftige Gesundheitssituation des Patienten/ der Familie zu ziehen und Ziele entsprechend zu setzen.

 

Schritt 1: Gesundheitsverhaltensweisen/-muster einschätzen

(Klassieren der systemischen Prozesse innerhalb der  vier Prozessdimensionen)

Basierend auf den Einschätzungsdaten (zu Patient und Familie) zieht die Pflegekraft Rückschlüsse auf die Gesundheitssituation vor der Krankheit und aktuell. Die Pflegekraft erstellt eine vereinfachte Grafik basierend auf den Bewertungsdaten für jede Prozessdimension. Die folgende Abbildung bezieht sich auf eine Vorher-Nachher-Situation. Es sollte sowohl für das Patientensystem als auch für das Familiensystem erstellt werden, da sich die beiden signifikant unterscheiden können.

 

Unter der Annahme, dass die obigen Modelle sich auf die Familie beziehen, zeigt die erste (vorher) eine einigermaßen gesunde Familie, die gut organisiert ist (SE = Systemerhaltung), eine starke Zusammengehörigkeit aufweist (KO = Kohärenz), eine angemessene Flexibilität besitzt, um Veränderungen vorzunehmen (IN = Individuation) und einige Erfahrung mit großen Anpassungen (SÄ = Systemänderung) hat. Nach der Krankheit zeigt sich eine Veränderung in allem Prozessdimensionen. Die Familienorganisation wurde gestört; Rollen haben sich geändert (SE  ist erscheint weniger ausgeprägt); es gibt zwischenmenschliche Auseinandersetzungen und Unsicherheiten, die das Miteinander beeinflusst haben (KO ist geringer geworden); Familienmitglieder sind nahe an der Krise, fühlen sich verloren und können kaum mehr lernen oder Lösungen finden (IN: „Ich existiere kaum noch“). Die Familie musste sich einigen Änderungen anpassen, aber viele dieser durch die Krankheit erzwungenen Veränderungen konnten bisher nicht zufriedenstellend in den Familienprozess integriert oder dauerhaft akzeptiert werden (SÄ ist wenig ausgeprägt).

 

Schritt 2: Beschreiben Sie das Diagramme mit den Prozess- und Zieldimensionen

(Offen die Theorie und die systemischen Prozesse erklären)

Die Pflegekraft muss ein klares Ziel definieren, auf das sie mit der Familie hinarbeitet. Nur mit Hilfe der Familie kann dieses Ziel gesetzt und erreicht werden. Es ist daher von großer Bedeutung, der Familie zu erklären, wie die Einschätzung von Gesundheit und Bedürfnissen vorgenommen wird. Zur Erklärung des Diagramms können einfachere Begriffe verwendet werden. Die Erfahrung zeigt, dass Familien auf eine solche Schulung sehr positiv reagieren. Die Pflegekraft zeigt der Familie (oder dem Patienten) die obigen Diagramme an und diskutiert mit den Familienmitgliedern darüber, ob sie den Diagrammen zustimmen. Sie können dann einzeln beschreiben, wie sie ihre Familie in den vier Dimensionen agieren sehen. Dasselbe gilt auch für den Patienten als individuelles System.

Nachdem die Familie erklärt hat, was sie tun, um ihre Familie zu erhalten, wie sie zusammenarbeiten, was sie gelernt haben und welche Veränderungen sie vornehmen müssen bzw. möchten, werden sie zusammen mit der Pflegekraft definieren, wo sie Probleme sehen, die verhindern, dass sie als Familie – oder auch Individuum – gesund agieren.

 

Schritt 3: Bestimmen Sie die Notwendigkeit für eine Änderung

(Nachforschen, welche Änderungen stattfinden sollen)

Pflegekraft und Familie zeichnen die idealen Familien-/individuellen Diagramme zusammen. Wie sollen SE, KO, IN, SÄ aussehen? Die Familie definiert letztendlich, wie ihr ideales System aussehen soll.

Auf der Grundlage dieser Diskussion und des Diagramms einigen sich Pflegekraft und Familie auf eine geschwächte Dimension (die am stärksten unterstützt werden sollte). Die Familie wird entscheiden, was sie in dieser Dimension verändern möchte und diese angestrebte Veränderung als ihr Ziel setzen. Dieser Vorgang sollte für den (einzelnen) Patienten wiederholt werden. (Anm.: Die Arbeit an einer einzigen Dimension vereinfacht den Prozess; das Wachstum in einer Dimension wird den gesamten Wachstumsprozess positiv beeinflussen und wird im gesamten System spürbar sein).

Beispiel: Nachdem die Mutter einen Schlaganfall hatte, beschließen die Familienmitglieder, sie zu Hause zu behalten. Sie müssen die Systemerhaltung neu formulieren (geschwächte Dimension). Eine Tochter beschließt, vorübergehend bei der Mutter einzuziehen, andere Mitglieder teilen die Verantwortung für Einkäufe, halten den Garten in Ordnung, fahren mit ihr zur Arztpraxis, bringen Essen mit und entlasten die Pflegeperson der Familie, damit sie sich erholen kann. Dieses Teilen der Verantwortlichkeiten stärkt auch das Miteinander (KO), lehrt jedem Mitglied zusätzliche Fähigkeiten (IN) und schließlich führt die neue Organisation innerhalb der Familie zu einer Systemveränderung (SÄ), die schließlich in die Systemerhaltung der gesamten Familie übergeht. Die Pflegekraft zeichnet das Diagramm für die "ideale Familie" mit einem großen SE-Quadranten und einem größeren KO, IN und SÄ, ähnlich dem Diagramm vor dem Schlaganfall (siehe Bild oben).

Die Verwendung des ASF-E ist eine zusätzliche Möglichkeit, eine geschwächte Dimension zu bestimmen. Seine Verwendung ist nur eine zusätzliche und ersetzt eine detaillierte Beurteilung der Situation nicht (siehe Auswertung für Details).

 

Schritt 4: Unterstreichen Sie vorhandene Stärken

(Gutheißen und fördern der geeigneten Handlungen)

Um die angestrebten Veränderungen umzusetzen (siehe oben), benötigt die Familie eine Ermutigung, die am besten erreicht wird, indem Fähigkeiten und Erfahrungen erforscht und in den Prozess einbezogen werden. Wenn die Familie in früheren schwierigen Situationen Stärke gezeigt hat, kann sie auf diese zurückgreifen und Kraft daraus schöpfen. Klienten und Pflegekraft  erforschen mögliche Familienhandlungen, die sich auf das Positive konzentrieren, um den Mitgliedern Mut und Motivation zu geben.

 

Schritt 5: Ermutigen Sie, auf systemische Ressourcen zurückzugreifen

(Repetieren und verstärken der geeigneten Handlungen)

Während der Aktionsplan (die angestrebten Veränderungen) formuliert wird, erkundet die Pflegekraft mit der Familie, welche Hilfe sie benötigen, um erfolgreich zu sein. Benötigen sie finanzielle Unterstützung, medizinische Hilfsmittel, seelsorgerischen Beistand, Hilfe aus dem sozialen Umfeld (z.B. Nachbarn usw.)? Von wesentlicher Bedeutung ist das Wohlergehen aller beteiligten Familienmitglieder. Sie sollten nicht mit Arbeit und Verantwortung überfordert sein.

 

Schritt 6: Unterstützung bei der Entdeckung neuer Strategien

(Umlernen bei  unangebrachten  Handlungen)

Der obige Prozess kann in einer langen Sitzung mit der Familie oder in mehreren Sitzungen angegangen und bearbeitet werden. Wenn die Familienmitglieder offener gegenüber der Pflegekraft werden, werden sie auch inneres Zögern, Konflikte und Probleme äußern. Diese sollten eingehend diskutiert werden, um zukünftig ähnliche Problemsituationen zu vermeiden. Neue Wege, mit bestimmten Schwierigkeiten umzugehen, können von der Pflegekraft vorgeschlagen werden, aber häufig haben die Familienmitglieder selbst Ideen, die zusammen erarbeitet werden können. Abhängig von der Komplexität der Situation kann dieser Prozess kurz und prägnant oder langwierig sein.

 

Schritt 7: Führen Sie den Gesundungsprozess

(Experimentieren mit neuen Handlungen)

Als Pflegekraft arbeiten Sie als Berater/-in und nicht als Lehrer/in. Die Familie ist die Expertin ihrer eigenen Situation, nicht Sie als Pflegekraft. Sie verordnen keine eigenen Ideen und Meinungen, sondern hören auf die der Familie/den Patienten. Sie können bestimmte Lösungen als Fragen präsentieren (z. B. Würde diese Herangehensweise für Sie funktionieren?) Sie können der Familie einige frühere Erfahrungen von Ihnen mitteilen, die funktionierten und diese die Familie bewerten lassen. Wichtig ist jedoch, dass die Familie das Gefühl hat, dass die Lösungen ihre Ideen sind und nicht verordnet wurden. Seien Sie geduldig und erwarten Sie keine plötzliche Veränderung. Familien brauchen wiederholtes und ehrliches Lob für ihre Bemühungen (daher in Schritt 9: Alle Anstrengungen und Bemühungen würdigen!)